Vereinsentwicklung
Sinn, Chancen und Grenzen
Als CVJM Bayern ist uns die Arbeit der CVJM Ortsvereine besonders wichtig. Kern und Wesen der missionarischen CVJM-Arbeit in Bayern ist die kontinuierliche Gruppen-, Projekt- und Freizeitarbeit vor Ort. Hier können geistliche Gemeinschaft gelebt, das Evangelium von Jesus Christus verkündigt und Menschen für die ganzheitliche CVJM-Arbeit begeistert werden.
Ortsvereine als Basis-Arbeit
Unsere Landessekretärinnen und Landessekretäre sind zu vielfältigen Verkündigungsdiensten in den Ortsvereinen kreativ unterstützend unterwegs. Angeregt durch Mitarbeitende aus Ortsvereinen bieten wir aber auch gezielte geistliche und systemische Begleitung online und in Präsenz in verschiedenen Modulen sowie individuelle Vereinsentwicklung durch einen speziell qualifizierten Coach und Organisationsentwickler an. Die Arbeit im CVJM soll froh, zukunftsfähig, in Einheit und mit missionarischem Engagement geschehen können. Dies wollen wir durch die verschiedenen Vereinsentwicklungsmodule und Formate unterstützen und immer wieder weiterentwickeln.
Vereinsentwicklung mit Beratung und Begleitung ist in allen Phasen des Vereinslebens sinnvoll. Das gemeinsame Wollen und Reflektieren und das gezielte Anpacken der gewonnenen Erkenntnisse führt zu positiven Entwicklungen im Verein. Dazu stehen als Module die individuelle Vereinsbegleitung, das geistliche Mitarbeiter-Training, Regio-Point vor Ort und SUPPORTTIME online zur Verfügung. Viele weitere Möglichkeiten der Unterstützung und Weiterführung durch den CVJM in Bayern und Deutschland findet ihr auf diesen Seiten.
Grundvorraussetzung der Vereinsentwicklungs-Module
- Die individuelle Situation vor Ort wird berücksichtigt.
- Neugier, Veränderungs-, Vergebungs- und Lernbereitschaft sind Voraussetzung.
- Eine verbindliche Teilnahme aller Beteiligten über den Beratungszeitraum ist notwendig , um gemeinsame Einsichten zu fördern oder Lösungen zu finden.
- Entstandenen Kosten für Präsenzmodule, sowie Aufwand- und Personaleinsatz werden durch Spenden getragen (Ausnahme sind die Projekte, bei denen Hauptamtliche vor Ort dauerhaft angestellt werden).
Die Chancen der Veränderung sind offensichtlich und groß. Zu den Grenzen der Vereinsentwicklung kann man generell sagen, dass sie niemals die treuen und engagierten CVJMer vor Ort ersetzt oder aus Verantwortung nehmen kann und will. Sie ist ein unterstützendes Element, um vorwärts zu kommen, aber sie ersetzt nicht die vorhandene CVJM-Arbeit. Bei nicht oder kaum vorhandener Veränderungsbereitschaft stoßen auch die besten Modelle schnell an ihre Grenzen.
Ein Erfahrungsbericht aus der Praxis:
Vor uns auf der Flipchart steht eine Sammlung an Ideen, die wir zusammengetragen haben. Jeder hat fünf Stimmen und darf sie individuell vergeben. Auch gerne mehrfach. Mit dieser Methode hat Martin Schmid uns in der Vereinsbegleitung bei einer Entscheidungsfindung geholfen. Alles ging demokratisch, dass war positiv und ist es noch.
Als Vorstand des CVJM Ludwigsstadt waren wir eine ganz neu und bunt zusammengewürfelte kleine Gruppe, aus verschiedenen Orten und Gemeinden. Wir hatten unterschiedliche Erfahrungen mit dem CVJM und der Vorstandsarbeit allgemein.
Nach einer schwierige Zeit unseres Vereins war die Frage: aufhören oder durch einen neuen Vorstand Veränderung bringen? Für diese herausfordernde Aufgabe beschlossen wir uns Unterstützung zu holen.
Schon nach dem ersten Gespräch mit Martin war klar: die Vereinsberatung ist das Richtige für uns. Schnell waren die Rahmenbedingungen abgesteckt.
- Wie häufig sollen die Treffen stattfinden und wie lange dauern?
- Wo treffen wir uns? Zwischen Ludwigsstadt und Nürnberg liegen immerhin gut 140km.
- Wie sieht es finanziell aus?
- In welche Richtung soll die Begleitung gehen?
- Was bringen wir mit und was kann uns Martin anbieten?
Die Terminfindung zwischen sieben Beteiligten stellte sich knifflig heraus. Aber nachdem diese erste Herausforderung gemeistert war, legten wir los. Die Planung bis zu konkreten Ergebnissen belegte ungefähr ein halbes Jahr.
In unseren Treffen behandelten wir einen breiten Strauß an Themen.
- Was brauchen und wünschen sich die Mitglieder?
- Was können wir anbieten, um sie zu stärken und zu ermutigen?
- Wie können wir nach Innen wirken?
- Wie möchten wir andere erreichen?
Von Martin kamen dazu immer hilfreiche Impulse und Nachfragen. Durch das Abstimmungsverfahren gab es schnelle Ergebnisse ohne langwierige Diskussionen. Eine bereichernde Erfahrung. Nach jedem Treffen gab es eine „Hausaufgabe“ bei der wir das Besprochene vertiefen und weiterdenken konnten.
Auch wenn der Zeitplan nicht direkt eingehalten werden konnte und einige Ideen auf Eis gelegt werden mussten, konnten wir nach einer Anpassung an die neue Situation (Corona) die neuen Herausforderungen angehen. Uns eröffnete sich ein neuer Horizont.
Beseelt durch produktive Treffen, geprägt von Flexibilität, Kreativität, Visionen und hilfreichen Informationen wollten wir endlich in die Praxis gehen. Ideen, die durch Selberdenken entstanden und sich nicht als aufgedrückte „Arbeit“ anfühlten.
Einmal im Monat wollen wir uns – sofern erlaubt - zu einem Gebets-Abstands-Spaziergang treffen. Nicht nur als Vorstand, sondern auch mit den Mitgliedern, für unseren Ort, die Region und unser Land beten.
In unserem Wanderparadies soll ein Impuls-Wanderweg entstehen. Dort sollen die Vorbeikommenden ermutigt und zum Nachdenken angeregt werden, „Vorübergehend“ von Gottes Liebe erfahren.
Es warten weitere Treffen und neue Ideen auf uns. Wir sind voll gespannter Erwartung.
Dorotha Weigelt
CVJM-Ludwigstadt
Vereinstipps zum Nachlesen
Lieber Chris,
in deiner letzten Nachricht an mich, hast du es ganz richtig erkannt. Auch wir im CVJM sollten und können zur Förderung der Demokratie und demokratischer Prozesse in unseren Ortsvereinen beitragen. Da du auch schreibst, dass dies „nicht jeder bei euch direkt so sieht“, hier einige Grundgedanken für dich und euch:
Unsere christlichen Werte wie Nächstenliebe, Gerechtigkeit und Frieden sind Grundsteine unserer CVJM-Arbeit. Angesichts zunehmender politischer Spannungen und wachsender Einflüsse radikalisierender Ideologien ist es unsere Verpflichtung, die Demokratiebildung zu stärken. Dies ist nicht nur eine gesellschaftliche Aufgabe, sondern auch tief in unserem Glauben verwurzelt und wesentlich für unsere Arbeit im CVJM.
Demokratie bedeutet, dass alle Menschen gleichwertig sind und eine Stimme haben, unabhängig von ihrer Herkunft, ihrem Geschlecht oder ihrem sozialen Status. Die Bibel sagt: "Auf dass wir alle eins sind in Christus, unserem Herrn", als CVJM haben wir diesen Glaubenssatz umfänglich in der Pariser Basis niedergeschrieben.
Die Bibel lehrt uns weiter, dass jeder Mensch nach dem Bild Gottes geschaffen ist (Gen 1,27) und daher unveräußerliche Würde und Rechte besitzt. Dies bildet die Grundlage für Gleichheit und Gerechtigkeit, die in einer demokratischen Gesellschaft unabdingbar sind.
Jesus selbst betonte die Bedeutung von Liebe und Gerechtigkeit. In Mt 22,39 lehrt er: "Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst." Diese Liebe beinhaltet Respekt, Toleranz und die Anerkennung der Würde jedes Einzelnen. Demokratische Prozesse fördern diese Werte, indem sie sicherstellen, dass alle Stimmen gehört und respektiert werden.
Politische Ansichten, die Ausgrenzung, Fremdenfeindlichkeit und Intoleranz beinhalten, sind mit den Grundsätzen unseres Glaubens deshalb nicht vereinbar. Jesus predigte Inklusion und Offenheit in der Begegnung mit der samaritanischen Frau (Joh 4,7-26). Er überschritt kulturelle und soziale Grenzen, um Menschen in Liebe zu begegnen und ihnen Wertschätzung zu zeigen.
Paulus unterstreicht in Galater 3,28 die Einheit und Gleichheit aller Menschen in Christus, was jeder Diskriminierung widerspricht. "Da ist weder Jude noch Grieche, da ist weder Sklave noch Freier, da ist weder Mann noch Frau; denn ihr alle seid einer in Christus Jesus."
Ich möchte dich daher ermutigen, in deinem CVJM konkrete Maßnahmen zu ergreifen:
Organisiert Seminare und Workshops zur Demokratiebildung, um das Bewusstsein und das Verständnis für demokratische Prozesse zu fördern.
Schafft Räume für offene Diskussionen über gesellschaftliche und politische Themen, die zur Reflexion und Meinungsbildung beitragen. (Diskussions- und Debattenkultur)
Beobachtet und reflektiert eure Entscheidungsprozesse und euer eigenes Verhalten (und das in Gremien) wie ihr zu Entscheidungen kommt und mit Entscheidungen umgeht
Arbeitet mit anderen Organisationen und Initiativen zusammen, die sich für Demokratie und Menschenrechte einsetzen.
Chris, ich bin davon überzeugt, dass die Förderung von Demokratie nicht nur gesellschaftliche Aufgabe, sondern auch Ausdruck unseres christlichen Glaubens ist.
Mit herzlichen Grüßen,
Dein Martin
Hallo Lenni,
du schreibst, dass du wissen möchtest, warum trotz des Wunsches nach Veränderung in deinem Verein keine Fortschritte erzielt werden. Es ist wichtig anzuerkennen, dass der CVJM eine gute und lange Tradition hat, aber auch gesellschaftliche Veränderungen entstehen. Und wir müssen prüfen, was dies für uns bedeutet. Mir hilft hier das Buch von F. Malik und das Bild des »Navigierens in Zeiten des Umbruchs«.
Ich kann mir vorstellen, dass es drei Gruppen in eurem Verein gibt: A) Die Zufriedenen, die keine Veränderung wollen. B) Die Veränderungsbefürworter, die es jedoch nicht in die Umsetzung schaffen. C) Potenzielle Unterstützer, die von beiden Seiten gewonnen werden könnten, wenn jemand die Initiative ergreift. Die treibende Kraft für Veränderung kommt oft aus Gruppe B, die erkennt, dass es an der Zeit für Neues ist. Hier spielen sowohl langjährige als auch neue Mitglieder eine Rolle. Entscheidend ist der Umgang mit Impulsen und die Frage, wie offen und wertschätzend über Veränderungen gesprochen wird.
Grundfragen:
- Wie gehen wir mit Impulsen um, die in den Verein getragen werden?
- Wo wird ordentlich und ausgiebig wertschätzend darüber gesprochen, begründet, geträumt und mündlich gewagt größer und anders zu denken?
- Was kann Veränderung Gutes bewirken?
- Wie wichtig ist Fokussierung und Klarheit? Verbunden mit dem Mut Neues zu wagen und Totes zu beerdigen?
Ausrichtung:
- Mit wem entwickeln wir gemeinsam die neue Ausrichtung? (Hier ist von vorneherein eine breitere Sicht durch verschiedene Menschen entscheidend, damit man von Anfang an hohe Beteiligung hat!)
- Wie können wir für den neuen Weg genug Mutige und Unterstützende finden?
- Was soll die Veränderung konkret sein? Und wer brennt für was?
- Auf was freuen wir uns bei dieser Veränderung?
- Haben wir dazu bislang schon den Mut gehabt eine Mehrheitsentscheidung abzufragen und eine echte Abstimmung einzufordern?
Erste Schritte:
- Wer verfolgt die Veränderung konsequent?
- Was lasst ihr konkret los?
- Wie wird etwas ggf. verabschiedet?
- Wer kann sich mit seiner Gabe und Freude hier oder dort einbringen?
- Welche Bedingungen sind für die Einzelne oder den Einzelnen notwendig, um sich hier oder dort gut einbringen zu können?
- Wie wird die Veränderung beworben und die Umwelt mitgenommen?
- Wie erfährt man, dass die Veränderung gut ist?
Die Ausrichtung erfordert eine breite Beteiligung verschiedener Menschen, um eine hohe Unterstützung zu gewährleisten. Klare Kommunikation über die Ziele und konkrete Maßnahmen ist wichtig. Mut, Loslassen und das Bewerben der Veränderung sind Schlüsselfaktoren. Bei den ersten Schritten ist es entscheidend zu betonen, dass Veränderung Mut erfordert. »Mit Jesus Christus mutig voran!« ist kein Satz, um immer nur alte Wege zu gehen. Das Festhalten am Alten hindert den Fortschritt. Eine konsequente Verfolgung der Veränderung, das Loslassen von Altem und die Nutzung individueller Gaben sind wichtige Aspekte.
Dann solltet ihr schrittweise vorgehen und immer wieder neue Schritte definieren. So lässt sich mit größter Wahrscheinlichkeit die Veränderung von den Leuten akzeptieren. Auch bei Widerständen aus Gruppe A oder C nicht einfach aufgeben, lieber mit dem guten Zukunftsbild argumentativ und voller Überzeugung werben!
Am großartigsten ist es übrigens, wenn Veränderung nicht ein einmaliges Projekt bleibt, sondern Grundwesen Eurer CVJM-Arbeit ist. Fehler sollten gefeiert und genutzt werden, um eine Kultur der Veränderung zu etablieren, die angesichts der permanenten Veränderungen in der Gesellschaft unerlässlich ist. Dies ist auch dringend nötig, weil junge Leute sich permanent verändern. Wir sollten hier auch so beweglich sein und nicht mit dem Konzept von vor 10 Jahren, die Leute von heute begeistern wollen. Wie sehr oder wenig dies gelingt, merkst du ja gerade selbst.
Gruß an dich, Lenni, und alle anderen, die mitlesen und verändern! Viel Segen.
Dein Martin Schmid
Hallo Illo,
vielen Dank für deine sehr ehrliche Nachricht. Ich kann verstehen, dass es frustrierend ist, wenn im Vorstand niemand mehr Verantwortung übernehmen möchte und kein jüngeres Mitglied nachrückt.
Du hast bei mir viele Gedanken aufgewühlt. Wenn ich darüber nachdenke, sehe ich zwei Konzepte, wie Menschen in Verantwortung in den Vorstand gerufen werden.
2 Konzepte
Es gibt Personen, die denken, man könne die Verantwortung "am Ende" der Amtszeit abgeben. In diesem Fall kann es passieren, dass innerhalb des letzten Jahres der Amtszeit niemand direkt gefunden wird. Warum? Weil es darum geht, etwas Etabliertes und Reglementiertes zu übernehmen. Die Vorstellung ist, "ich forme und präge meine Welt viele Jahre lang", und dann übernimmt jemand anderes. Es sind serielle Verantwortungszeiträume: "Ich jetzt, du dann." Das ist oft die übliche Denkweise für Vorstandsarbeit.
Andere Vereine holen jüngere Mitglieder viel früher in die Gestaltungsmacht mit hinein. Hier werden von Anfang an Personen für zweijährig-versetze Amtszeiten gesucht, sodass es doppelt so viele Wahlen gibt. So wird gleich gemeinsam geleitet und man fokussiert sich früher darauf neue Leitende zu suchen, es ist ein permanenter Vorgang, der nie abbricht.
Warum wollen Menschen gar nicht in die Verantwortung gehen?
Weil sie zu oft gehört haben, dass Vorstandsarbeit und Verantwortung anstrengend und schwierig sind. „Das Jammern ist der Tod der Freude und der Nachfolge“. Es klingt dann etwa so: "Es ist so schwer und so viel Arbeit" oder "Wenn ich es nicht mache, macht es keiner!" Die Gründe für diese vermeintlich schweren Verantwortungsposten müssen wir ein anderes Mal besprechen. Heute möchte ich dir einen Spiegel vorhalten:
Auch ich habe dich schon jammern hören, wie schwer es ist, den CVJM zu leiten und wie viele und lange Sitzungen du machen musst. Ich verstehe, dass man sich mal auslassen möchte, aber öffentlich zu jammern ist
a) weder die Lösung des Problems und
b) brandgefährlich: Die anderen im Verein hören Monat für Monat die negativen Gefühle und dein Jammern. Sie hören aber nie, wie toll es sein kann! Ja, es ist großartig im CVJM Zukunft von morgen schon heute zu gestalten und zu formen.
Das ist die Chance der Leitung, das Schöne und Gute daran. Wir bauen mit an einer Welt, in der Jesus immer mehr präsent ist und unsere Werbekraft für IHN Formen von 2023 annimmt.
Wir haben Visionen, wir haben Ziele, und wir gestalten mit, formen uns und unsere Stadt /Dorf /CVJM! Wir dürfen Lebensräume verändern und Herzen von Menschen berühren, die Gott uns vor die Nase stellt, damit sie durch unseren CVJM Jesus entdecken können.
Ich will dir damit sagen: Wie du über die Vorstandsarbeit sprichst, beeinflusst die Begeisterung für das Amt! Wenn du nur die negativen Aspekte betonst, wirst du keine jungen Mitglieder für das Amt begeistern können.
Und bevor ich es vergesse: Nein, ich bin nicht unzufrieden mit dir, nur mit deinem Jammern!
DANKE, dass du Verantwortung übernommen hast! DANKE im Namen Jesu!
Martin Schmid
Hallo Chris,
Du hast mir geschrieben, dass Eure Sitzungen im CVJM voll von Programmplanungen und organisatorischen Absprachen sind. So voll, dass Ihr völlig platt und viel zu spät nach Hause kommt. In Eurer Erinnerung bleibt dann ein leider anstrengender Abend im CVJM. Und man hat menschlich und geistlich (zu) wenig mitgenommen. Das klingt nicht erfüllend und wenig motivierend.
Chris, ich kenne das! Und ja, es gibt Gegenmittel! Ich will Dir stellvertretend eines nennen, was ich aus dem CVJM in Altfeld kenne und sich dort inzwischen voll bewährt hat. Der Hauptausschuss kommt zusammen und hat dann Zeit für freie Zukunfts-Gedanken (KEINE konkreten Planungen). Sie haben bei Ihrer Zusammenkunft Zeit für Vereinsentwicklung und die große Linie der Leitung. Sie haben Zeit für tiefes und ausführliches, geistliches Futter und fröhliche gemeinsame geistliche Zeit.
Wenn man das so hört, könnte man meinen, die haben nichts zu organisieren und die tun nichts. Aber das ist nicht der Fall! Es ist GANZ ANDERS!
Sie haben die Absprachen und Organisationskram längst fertig besprochen bevor sie sich physisch treffen!
Jetzt kommst Du ins Träumen und Schwärmen von einer besseren Welt. Die muss man sie sich nur machen. ;-)
Wie machen es die Leute dort, die diesen Zustand so feiern? Was ist das Geheimnis, um Zeit für‘s Miteinander zu haben, die wirkliche Vereinsentwicklung und Zeit für Gott?
Sie legen gezielt alle Planungs- und Absprachethemen in Onlinemeetings. Das ist das Arbeitsmeeting. Dieses ist immer online und überschaubar aufgebaut. Sie haben die CVJM-Arbeit in drei Bereiche aufgeteilt: Inside-Team, Orga-Team, Outreach-Team.
Alle zwei Wochen gibt es eine Teams-Videokonferenz für max. 59 min. Das geht besonders leicht, da sie herausgefunden haben, dass gemeinnützige Vereine wirklich viele kostenfreie Microsoft Office 365 Pakete bekommen können. So hat jede und jeder seinen Teams-Zugang. Jede und jeder kann seine Themen für‘s Arbeitstreffen dort online für alle zugänglich sammeln.
Dann wird in konsequenter Weise alle zwei Wochen daran gearbeitet – immer unter einer Stunde, nie länger.
Auf diese Weise schaffen sie sich den zeitlichen Freiraum für die oben genannte fabelhafte Welt der Leitungsarbeit, die bei den physischen Treffen gleichzeitig geistliche Weggemeinschaft, Leitung und frohe Spielerunde ist. Wenn du mehr dazu wissen willst, maile an: vorstand@cvjm-altfeld.de
Chris, ich wünsche Dir und Euch eine ähnliche Kreativität, CVJM-Arbeit und Leitung konkret, neu und ganz anders zu strukturieren und aufzubauen.
Hoffentlich macht Dir und Euch dieses kleine Beispiel von anderen Ansätzen Lust und Mut das Wesentliche wieder in die Mitte zu rücken!
Sie blieben aber beständig in der Lehre der Apostel und in der Gemeinschaft und im Brotbrechen und im Gebet. (Apostelgeschichte 2,42)
Gruß und Segenswünsche
Dein Martin Schmid
Hallo Lenni,
Du hast mir geschrieben, was gerade bei euch im CVJM los ist. Deine Mail regt zum Weiterdenken an, wie man mit dem Thema „zu wenig Mitarbeitende“ umgehen könnte. Du beschreibst mir, dass zunehmend weniger Mitarbeitende wirklich gerne kommen, um bei euch im CVJM mit anzupacken. Dir scheint es, als würde man sie zur Teilnahme nötigen müssen. Es wirkt, wie wenn sie keine Freude daran haben, eure Programme zu besuchen. Mit diesen Fragen seid ihr nicht allein!
Ich habe hier einige Gedanken für Dich. Bitte sei nicht enttäuscht, wenn ich dir keinen universalen Schritt-für-Schritt-Plan vorstelle, aber das mache ich absichtlich nicht.
Um ehrlich zu sein: Ich glaube, du stellst die Frage falsch! Man sucht nicht zuerst, ausschließlich oder vorrangig Mitarbeitende. Ich glaube, man sucht zuerst Menschen! Von daher müsste die Frage eher heißen: Wie finden wir Menschen, die gerne in den CVJM kommen? Es funktioniert nicht so gut, wenn man einfach nur Arbeitende für unbezahlte Aufgaben sucht.
Auch der Inhalt, um den wir kreisen ist wichtig: Steht die Arbeit oder die Freude am Herrn im Fokus des CVJM? Die Gruppen sollen klar und fröhlich ausstrahlen, dass dort auch gemeinsam gefeiert und Leben geteilt wird. Ich bin überzeugt: Wir feiern den Gott, der uns befreit und sendet, zu wenig. Man sieht uns die Freude am Herrn nicht genug an. Man hört zu leise, dass Gott real und unabhängig bei uns ist, genau dort, wo wir uns befinden. Wir teilen zu wenig, dass Jesus Christus uns befreit. Nicht nur der Missionsauftrag gilt, sondern auch was Fritz, ein Freund aus Mühlhausen, immer wieder sagt: die Freude am Herrn!
Es gilt eine Gemeinschaft zu leben, die es zuallererst wertvoll findet, wenn man einfach da ist. Eine Gemeinschaft, in der man nicht nur wertvoll ist, wenn man arbeitet und funktioniert. Wir feiern Gott und auch uns zu wenig und streben zu viel nach Erfolg, Leistung und Funktionen.
Ich habe schon mehrfach erlebt, dass Vereine, die nur funktionieren und die Freude vergessen in der Zukunft nicht bestehen bleiben. Aber Vereine, die Geschwistergemeinschaft leben, den Sinn und die Freude in Ziele umwandeln und danach ins Tun kommen, stabil, zukunftssicher und agil werden. Ums kurz zu machen: Ihr braucht zuerst eine menschliche, geistliche Gemeinschaft und ein gemeinsames Ziel, erst dann die konkreten Arbeiten und Funktionen. Früher hat man gesagt: Sammlung kommt vor Sendung! Es braucht beides.
Versucht doch mal Euch zu treffen, um einfach gemeinsam Zeit zu verbringen. Mit Jesus in der Mitte, guten Gesprächen und gebt euch Raum, in dem Leben und Glaubensnachfolge geteilt wird. Lasst einmal andere in euer persönliches Leben reinschauen und schon habt ihr ein gutes, ehrliches Gespräch. Nach einer Weile kommen möglicherweise wieder mehr Menschen zu euch, weil ihr wieder attraktiv geworden seid!
Gott segne eure Versuche. Auch die sieht Jesus – nicht nur die scheinbar wichtigen Erfolge! Er feiert eure Versuche und eure Freude am Herrn.
Dein Martin Schmid
Hallo Sam,
was du mir in deiner Nachricht geschrieben hast, verstehe ich voll und ganz. Auch, dass du genervt bist, weil deine Ansagen und Vorgaben als Vorstand nicht mehr so gut funktionieren oder gehört werden. Ich hab das gleiche Gefühl und vermute wie du, dass
etwas Anderes dran wäre als die »Ansagen von oben«. Aber was?
Hier ein Antwortversuch in aller Kürze:
Meiner Erfahrung nach sind Wertschätzung, Ermutigung und das Zulassen von Fehlern in der heutigen Zeit mehr dran als noch vor zehn Jahren. Führung und Leitung ändern sich – auch im CVJM. Heute geht es vor allem darum, dass du als Leiter ein Vorbild bist. Das bedeutet in erster Linie, Menschen zu motivieren, ihnen Freiheiten zu lassen und sie
zu inspirieren, anstatt Entscheidungen durchzuboxen oder Richtungen von oben herab vorzugeben. Eine Umfrage des Forschungsinstituts Kienbaum Institut hat sich der Frage gewidmet, wie Führung in der heutigen Zeit aussehen muss: 94 Prozent der Befragten bevorzugen eine Führungskraft, die als Vorbild dient, eine Vision vermittelt und das Team
motiviert. Ein möglicher Ansatz für dein Problem wäre der transformationale Führungsstil. Komisches Wort, daher hier die Erklärung: Der transformationale Führungsstil soll zu mehr Identifikation und Engagement führen. Er ist offen für Veränderungen und möchte allen helfen, Zusammenhänge zu verstehen, indem die Führungsperson Menschen in die Vision mit hineinnimmt und sie dadurch selbst motiviert. Austausch und Feedback bestimmen diesen Führungsstil, gepaart mit Wertschätzung.
Eine Alternative ist die ethische Führung. 84 Prozent wünschen sich diesen Stil, der besagt: Fehler sind menschlich und erlaubt, um daraus zu lernen. An erster Stelle wird der Mensch gesehen, nicht seine Rolle als Mitarbeitender oder Funktion. Nicht die Form von etwas trennt, sondern der Inhalt verbindet.
Beim nächsten Mal kann ich sicher länger schreiben. Ich hoffe, dass dich meine Gedanken ein bisschen weiterbringen: In diesem Sinne eine gute Reflektion eures Führungsstils.
Gruß dein Martin
Hallo Chris,
du erwartest diesen Brief sicher mit Spannung. Bevor ich zu dem komme, was du mir über eure letzte Vorstandssitzung erzählt hast, erst einmal ein großer Dank: Ich bin dir und euch unheimlich dankbar für alle Mühe, Kreativität und Liebe, die ihr in eure Gruppenstunden und Aktionen, in die ganze Vereinsarbeit und vor allem in die Menschen steckt. Wie du weißt, schreibe ich nicht ohne Grund – ja, es treibt mich richtig um.
Ist es wirklich wahr, was du geschrieben hast? Es kann doch nicht sein, dass ihr Sitzung für Sitzung und Treffen für Treffen faktisch nur die Veranstaltung aus dem Vorjahr wiederholt.
Und da machen alle mit? Ich könnte wetten, euch laufen bald Mitarbeitende weg, wenn ihr nichts ändert. Wer will schon immer nur stupide wiederholen, anstatt mitzugestalten und Neues zu entwickeln? Im CVJM arbeiten doch sehr oft Hoffnungsschöpfer für ihren Lebensveränderer. Woran liegt es, dass keiner schreit und etwas ändert? Also ich würde aufschreien! Ja, ich kann dich verstehen, dass du innerlich keinen Bock mehr hast auf
Wiederholungen. Du sagst, es kommt dir vor, wie wenn man besoffen einen falschen Film anschaut, aber mangels Kraft nicht den Saal verlassen kann. Ist da keiner, der aufschreit, dass ihr etwas verändern müsst? Ihr könnt doch uralte Aktionen nicht mehr in dieser veränderten Zeit anbieten! Unser Ziel ist es doch, Botschafter Gottes in dieser Welt zu sein. Die Zeiten verändern sich und umso wichtiger ist es, sein Handeln zu überdenken! Dient die Veranstaltung noch ihrem eigentlichen Zweck? Oder machen wir es nur, weil wir es schon immer so machen? Vielleicht ist gerade jetzt die Zeit für Veränderung. Ich meine natürlich nicht, dass alles neu werden muss, nur um neu zu sein. Ich meine nur, dass wir hinterfragen dürfen und müssen: Wozu machen wir das? Ihr solltet dringend klären, was ihr überhaupt in eurem Verein wollt. Dazu schreibe ich dir das nächste Mal.
Für heute noch folgenden Tipp: Ihr dürft und müsst den Leuten Spielraum für ihren Schöpfungswillen zurückgeben! Sie wollen doch nicht wie Roboter, jedes Jahr dasselbe ausführen.
Und Chris, ich warne dich: Wenn ihr das nicht bald macht, dann raubt ihr dem CVJM ein sehr wichtiges Element, nämlich dass Menschen hier mitgestalten und mit anpacken! Ja,
die alten Aktionen und Formen hatten ihre Wirksamkeit für euch damals, aber die Leute von heute wollen ihre eigenen Formen entwickeln (so wie du, ihr und wir damals!) und mitwirken. Du wirst – wenn du bei euch im Verein an dieser Stelle etwas änderst – weniger Probleme haben, Mitarbeitende zu finden – eben weil sie dann nicht mehr nur Altes wiederholen, sondern ihre eigenen neue Ideen umsetzten und losziehen für ihre Sache.
Das sind tolle Leute, die ihr habt. Ich habe sie doch gesehen!
Versteh mich nicht falsch Chris, aber es wird Zeit, dass ihr fragt, was dran ist. Gerne helfe ich dir und euch dabei, denn es lohnt sich eine neue Kultur aufzubauen, bei der die Menschen im Verein wieder mitwirken können! Verstehst du?
Gruß Martin
»Sola scriptura!« Allein die Schrift! So lautet eine von Luthers vier Sola-Formen. Doch wie ist das gemeint? Na mit der einfachen, aber erlebnisreichen Bibellesemethode, mit der ihr rundum ausgestattet für einen geistlichen Impuls seid. Egal ob in der Jungschar, im Teen- oder im Hauskreis, auf Freizeiten, im Vorstand oder im Mitarbeiterkreis. Ihr entdeckt mit dieser Methode, was in euch steckt an theologischer und biblischer Kompetenz und lernt euch selbst, eure Meinung und euer Bibelverständnis besser kennen.
Durchführung der einfachen Bibellesemethode für alle
- Zuerst suchst du dir eine Bibelstelle aus, die mehrere Verse beinhalten sollte. Bei zum Beispiel zehn Teilnehmenden darf die Geschichte auch zwanzig Verse oder mehr haben.
- Dann wird reihum abwechselnd Vers für Vers laut vorgelesen. Jeder merkt sich, welchen Vers er gelesen hat.
- Nachdem der letzte Vers vorgelesen wurde, bekommt jeder etwa fünf Minuten Zeit, um sich Gedanken über den Vers zu machen, den er in der Runde vorgetragen hat. Dabei soll er sich auch die Verse davor und danach anschauen, um den Zusammenhang zu verstehen.
- Anschließend beginnt der Vorleser des ersten Verses und gibt den anderen in 2-3 Sätzen (nicht länger!) seine Gedanken mit. Das kann eine Zusammenfassung sein, Hintergrundinfos zum Vers, Fragen oder Zweifel, Faszination und Relevanz für das eigene Leben etc. Dann folgt der Nächste in der Runde, bis der Letzte seinen Vers erläutert hat.
- Mit einem Abschlussgebet oder einer Gebetsgemeinschaft endet die Bibellese.
Variationen
Variieren könnt ihr diese Methode, indem sich jeder Notizen zu den Versen macht, Rückfragen gestellt werden oder im Anschluss eine Diskussion stattfindet. Oder wie wäre es, wenn jeder zuerst mal den Vers, den er gelesen hat, in fränkisch-bayrisch übersetzt und im Dialekt nochmals vorträgt?
Vorteile und Grenzen
Das ist eine unkomplizierte, geniale Bibellesemethode, um miteinander näher an Gottes Wirken ranzukommen. Der Vorteil: Jeder kommt in der Runde zu Wort. Damit hat auch derjenige, der sonst eher zurückhaltend ist, die Chance und Pflicht, seine Gedanken zu äußern. So wird die Gemeinschaft durch verschiedene Stimmen, Meinungen und Sichtweisen belebt und es stellt sich ein Gleichgewicht der Beteiligung ein.
Außerdem sind alle gefordert beim Vorlesen, Mitdenken, sich Gedanken machen und äußern, den anderen zuhören, … also nichts mit entspanntem Zurücklehnen und sich berieseln lassen!
Für Leute, die schlecht laut lesen können, ist die Methode weniger geeignet, hier darf dann auch gesagt werden: »weiter« oder »lies du für mich«.
Martin Schmid
Sich auf das Wesentliche beschränken, klingt immer gut. Dabei weiß nicht jeder, was das sein soll, das Wesentliche; die Hauptsache. Genau genommen, gibt es wohl nicht nur eine Hauptsache, sondern genauso viele Hauptsachen wie Menschen. In frommen Kreisen höre ich oft: »Wichtig ist, dass die Hauptsache die Hauptsache bleibt.« Das geht wohl auf Johannes Busch, einen prägenden geistlichen Lehrer zurück, der wohl damit Jesus meinte und seine Nachfolge, ethisch korrektes Leben sowie Verkündigung.
Natürlich kann ich das unterschreiben – wie fast jeder. Das Problem ist aber, dass wir aufgrund unserer individuellen Biografien und Prioritäten unterschiedliche Punkte des Christseins als Hauptsache für uns definieren. Und so entwickeln viele Menschen, viele Nuancen des Glaubens. Das stellen wir fest, sobald wir darüber reden, wofür CVJM da ist und womit man die Ziele verfolgt. Dabei werden wir zusammenwachsen und merken: Der Austausch darüber ist nötig und wichtig.
Manche reden jedoch nur über das womit und leben im Aktionismus pur. Andere konzentrieren sich nur auf das wofür und werden zu Theoretikern vor dem Herrn. Mein Plädoyer ist, unbedingt über beides zu sprechen. Für alle, die sich gern über Fragen dem Thema nähern, könnten folgende Grundhaltungen und Anregungen helfen:
- Ich mache mich verletzlich und lasse andere in meine Karten (des Lebens) schauen. Ich erzähle auch, was bei mir nicht so gut läuft. Wer von Euch fängt an? Es werden garantiert viele mitmachen.
- Jesus-Zentriertheit: Er ist der Einzige, der bleibt und rettet in dieser Welt. Wie wird das in eurem Verein gefördert, wo wird es sichtbar? Wo und wann erzählt ihr euch eure Erfahrungsberichte über euer Leben mit Jesus?
- Dennoch glauben, auch wenn uns die Lage dieser Welt erschüttert. Nach der Bibel hat den größeren Frieden im Herzen der, der glaubt, ohne zu sehen. Und ich kann von Herzen sagen, Jesus hat Recht. Wo redet ihr offen über Dinge, wo zweifelt ihr an Gottes Existenz und Wirkmächtigkeit? Wo gibt es bei Euch einen Gebetstreff?
- Gemeinschaft zählt. Wie gestaltet ihr Gemeinschaft? Darf man in eurem CVJM auch einfach SEIN ohne zu leisten und bringen? Darf man sich, Gottes Wort und die Gemeinschaft genießen? Sind Eure Sitzungen und Treffen ähnlich attraktiv wie Gruppenstunde und redet ihr schlecht über sie? Wenn ja, hört damit auf. Gestaltet sie lieber komplett um, damit ihr gerne hin und hinterher froh nach Hause geht und euch auf die nächste Begegnung freut.
Hauptsache ist, dass ihr über die Hauptsache redet! Fröhlich und mutig, ohne alles glatt zu bügeln, aber mit der Bibel in der Hand und dem Wissen, dass ER mitten unter euch ist.
Martin Schmid
Pilatus sah, dass er so nicht weiterkam und dass sich ein Tumult anbahnte. Da ließ er sich eine Schüssel mit Wasser bringen und wusch sich vor den Augen der Menge die Hände mit den Worten: »Ich bin unschuldig am Blut dieses Mannes. Die Verantwortung liegt bei euch!«
Mt 27,24
Verantwortung. Die einen wollen sie, dürfen aber nicht ran. Die andern klagen, es gäbe keinen, der sie will. Um Verteidigungskämpfe, weil manche alteingesessene Plätze nicht freigeben wollen, soll es heute nicht gehen. Nur so viel: Verantwortungsvolle Aufgaben mit der Aura zu hoher Erwartungen abzuriegeln, ist nicht gut. Besser ist es, anderen Ehre und Gestaltungsmacht abzugeben.
Was mich noch mehr umtreibt, ist die Frage, die Pilatus vielleicht hatte: Wie übernehme ich Verantwortung für etwas, hinter dem ich gar nicht stehe?
Pilatus wollte für Jesu Tod nicht die Verantwortung tragen. Vielleicht wollte er keinen Fehler machen und hatte Angst vor den Konsequenzen. Ab und an finden wir auch in unseren Vereinen keine gute Fehlerkultur und wenig Akzeptanz für Fehler. Wenn ich Verantwortung habe, dann kann ich zur Verantwortung gezogen werden. Aber wie das aussieht, was mich erwartet, liegt an uns selbst und der (positiven oder negativen) Kultur in unserem Verein.
Wo genau finde ich Verantwortung und woher kommt die Angst davor? Ganz offensichtlich bei Menschen. Bei anderen Menschen im Verein, bei Mitarbeitern, Freunden, Chef… dem Vorstand in meinem CVJM. Oft kommt die Angst, dass die anderen nicht unterscheiden zwischen dem, was ich tue und meiner Person. Ich habe Angst, dass meine Taten meiner Person schaden.
Hier sind wir gefragt in den Vereinen. Wie gehen wir mit Fehlern um? Als wen oder was sehen wir uns gegenseitig? Darf man in unserem Verein sein, obwohl man Fehler macht?
Aber auch an mich selber muss ich kritisch rangehen: Ich möchte doch – wenn ich ehrlich bin – immer der Gute sein, der alles immer richtig macht, auch vor Gott. Ich habe letztlich Angst, dass mein Schauspiel des perfekten Menschen auffliegt. Und wieder sind wir bei dieser falschen Einstellung; dieser nicht biblischen Einstellung. Selbst wenn Fehler passieren, bin nicht ich, sondern was ich gemacht habe, ist der Fehler.
Jesus denkt nicht so. Er unterscheidet zwischen den Menschen und den Taten der Menschen. Und er liebt TROTZ der Fehler jede Person! Selbst der größte Fehlermacher kann gerettet werden, wenn er glaubt und getauft ist.
Er liebt mich. Wer das weiß, wird frei für Verantwortung. Ja, ich darf Menschen einladen zu unserem Gott. Auf meinem Grabstein wird stehen: »Er hat Menschen, so gut er konnte, den Weg zu Jesus gezeigt und sie zu Gott geliebt!« Diese Verantwortung will ich gerne auf mich nehmen. Hoffentlich ihrauch!
Martin Schmid